Farben prägen unser Leben. Machen es heller, dunkler, bunter, abwechslungsreicher. Und oft einfach schöner. Eine Welt ohne Farben? Unvorstellbar. Farben? Sind für uns in allen Variationen und Tönen frei erhältlich, ob im Geschäft, oder übers Netz.
Aber stopp, das war nicht immer so. Denken wir nur an die Herstellung von Farben: langwierig und sauteuer. Und daher kostbar wie ein kleiner Schatz. Und diese Schätze erhielten Namen. Weißt du zufällig, woher z.B. der Name der Farbe Mauve kommt? Nein? Dann lies weiter.
Mauve und der Zufall
Was zum Kuckuck hat die Farbe Mauve mit der Tropenkrankheit Malaria zu tun? Sehr viel, denn ohne diese Krankheit hätte es diesen Farbton nie gegeben. Warum? Blicken wir zurück: 1856 war die Malaria in Europa weit verbreitet. Heilmittel? Damals kannte man nur Chinin als Medikament, und das war – eh klar – richtig teuer. Und aus dieser Not beschloss der erst 18-jährige William Henry Perkins diesen Stoff auf dem väterlichen Dachboden künstlich herzustellen. So werkelte er vor sich hin. Chinin herzustellen gelang ihm zwar nicht, dafür erfand er den ersten synthetischen Farbstoff der Welt: den Lilaton Mauve, was auf Deutsch einfach nur „blasslila“ oder „Malve“ heißt.
Österreich und Magenta – wie passt das zusammen?
Mauve war die Initialzündung für synthetische Farbstoffe. In allen möglichen und unmöglichen Hexenküchen wurde nun herumexperimentiert. Eines der Ergebnisse: ein kräftiger Farbton zwischen Rot und Lila. Selbstbewusstsein par excellence, wenn man diese Farbe beschreiben wollte. Doch deren Namen – Fuchsia in Frankreich und Rosine in Großbritannien – schauderhaft. Magenta dagegen ein Ohrenschmaus.
Aber woher stammt diese Bezeichnung nun? Von der kleinen italienischen Stadt Magenta in der Nähe der Modemetropole Mailand. Und hier kommt Österreich ins Spiel. Bei der Schlacht bei Magenta im Sardischen Krieg am 4. Juni 1859 mussten die Habsburger eine bittere Niederlage gegen das Königreich von Sardinien-Piemont und dessen Verbündete Frankreich hinnehmen. Die grausame Schlacht hinterließ einen blutgetränkten Boden, der die Farbe Magenta annahm. Wenig romantisch, aber eine Story.
Isabell, das schmutzige Weiß
Und schon wieder spielt ein Österreicher beim Naming dieser Farbe eine gehörige Rolle. Wer? Es war der Erzherzog Albrecht VII. von Habsburg, dessen Frau, die spanische Prinzessin Isabella, ihr weißes Hemd partout nicht wechseln wollte, bis ihr Ehemann Ostende erobere. Sagt man. Die Belagerung der belgischen Stadt dauerte 333 – drei Jahren, drei Monate und drei Tage. Wie das Kleidungsstück aussah, könnt ihr euch vielleicht vorstellen. Und gerochen hat es wohl auch nicht besser. Arme Isabell. Aber vielleicht ist es ja auch nur eine erfundene Story, wer weiß das schon.
Rosa für Mädchen? Blau für Jungs?
Jeder kennt das: Mädchen rosa, Jungen blau. Was die wenigsten wissen: Dieser Trend entstand erst Mitte des 20. Jahrhunderts. Wenige Generationen zuvor sah das noch ganz anders aus. Nämlich umgekehrt.
Wollen wir doch einmal die New York Times aus dem Jahr 1893 bemühen: „Die Aussichten von Jungen sind so viel rosiger als die von Mädchen, dass es genügt, Mädchen babyblau zu kleiden, um es auf das Leben als Frau in der Welt vorzubereiten.“ (1)
Rosa wurde als viel entschiedenere und stärkere Farbe wahrgenommen, folglich passender für einen Jungen. Außerdem entsteht Rosa aus Rot, gemeinhin als männlich konnotiert. Beispiele gefällig? Scharlachrote Mäntel von Soldaten oder Kardinälen. Blau? Da poppt das Bild der Jungfrau Maria auf.
Heute ist Rosa Mädchen zugeordnet. Und gilt auch als „Luxusfarbe“. Schon mal von der „Rosa-Steuer“ gehört? Genau, das sind Produkte für Frauen, teurer als ähnliche für Männer. Sauerei.
Niederländer und Orange: Branding mit einer anderen Farbe als in der Nationalflagge?
In den Niederlanden dominiert die Farbe Orange: „Oranje boven“ – „Orange oben“ ist ein beliebter Schlachtruf der fußballverrückten Nation. HolländerInnen identifizieren sich mit dieser Farbe wie kaum eine andere Nation mit der ihren.
Und warum das? Orange ist die Farbe des niederländischen Königshauses Oranien-Nassau. Aber halt: Die Flagge der Flachländer enthält gar kein Orange. Ein möglicher Grund: Könnte es sein, dass es zur damaligen Zeit noch kein Färbemittel gab, das ausreichend farbecht war? Das Ergebnis: ein Verblassen zu Gelb oder ein Verdunkeln. Also verwendete man in der Flagge statt Orange einfach Rot. Wenn das nicht gelebter Pragmatismus ist.
Scheeles Grün und Napoleons Tod – ein Rätsel
Die Welt verliebt sich neu: in den von Carl Wilhelm Scheele entwickelten Grünton, später bekannt als „Schweinfurter Grün“, da die Rezeptur in der deutschen Stadt mit dem klingenden Namen Schweinfurt noch verbessert wurde. Dieses Grün war so beliebt, dass es für alles Mögliche verwendet wurde: Stoffe, Tapeten, Papiere, Kleidung und auch als Lebensmittelfarbe. Es war überall präsent und wurde in Massen produziert. Leider hatte dieser beliebte Farbton einen entscheidenden Haken: Er enthielt Arsen. Die Dosierung war so stark, dass ein Papierstück mit 15 cm2 genug Gift enthielt, um zwei Erwachsene zu töten. Die Folge: Krankheit und Tod.
Und Napoleon? Als Napoleon Bonaparte seine neuen Räumlichkeiten auf Sankt Helena bezieht, ist dieses Grün gerade in Mode. Auch deren Wände sind grün tapeziert. 1840 – 19 Jahre nach seinem Tod – wird sein Leichnam nach Frankreich zurückgebracht. Just zu dieser Zeit äußern sich erste Wissenschaftler beunruhigt über die leuchtend grüne Farbe. Ist Napoleon durch das Grün seiner Wände gestorben? Ein Gerücht, das sich lange hält. Erst 2008 können Wissenschaftler durch die Untersuchung von Haarproben aus mehreren Lebensabschnitten Napoleons diese Theorie widerlegen. Er ist nicht von seiner grünen Tapete ermordet worden.
Die „Farbe“ Nude
Der Begriff „Nude“ stammt aus dem Englischen. „Nackt“. Damit sind Farbtöne gemeint, die dem menschlichen Hautton ähnlich sind, also helle Farben wie Beige, Creme, Champagner, Altrosa, pfirsichfarbene Töne. Wir kennen Nude von Lippenstiften, Makeup, Strumpfhosen, Pflastern, Buntstiften etc.
Und hier hakt es: Jeder Mensch hat eine andere Hautfarbe/einen anderen Hautton. 2010 begann eine Diskussion über die politisch korrekte Benennung dieser Farbe. Grund dafür: die Robe von Michelle Obama. Das helle Kleid wurde von den Medien als „nude“ oder „fleischfarben“ bezeichnet. Doch diese Farbe hatte so rein gar nichts mit der Hautfarbe der First Lady zu tun.
Durch die immer lauter werdende Kritik wurde das Wort „hautfarben“ im Wörterbuch bereits geändert. Doch obwohl die Diskussion bereits vor 10 Jahren entbrannte, hält sich der Begriff bis heute hartnäckig. Höchste Zeit, dies zu ändern.
Quellen:
- Buch: Die Welt der Farben, Kassia St Clair, Atlantik, 2019
- https://www.deutschlandfunknova.de/beitrag/geschichte-farben-scheeles-gruen-und-schweinfurter-gruen
- https://www.duden.de/rechtschreibung/hautfarben
- 1) Finery for Infants, in: New York Times, 23. Juli 1893